Gastbeitrag Michael Aggelidis

Stimmen aus der Basis – dieBasis nach der Bundestagswahl 2021

Gastbeitrag von Michael Aggelidis, KV Heinsberg 

Schiefgegangen‘, so beschrieb Boris Reitschuster kürzlich die Wahl in einem treffenden Begriff.

Weniger Freiheit, mehr Einschränkungen für Millionen – will das eine Mehrheit der Wähler? Die Staatsmedien, die Konzernmedien sind die Wahlsieger. Ich warne auch vor einer Debatte über ‚Wahlfälschungen‘, die lediglich von unseren zukünftigen Aufgaben ablenken würde. In Deutschland tun sich die Wählerinnen und Wähler eben schwer, einen Kehraus umzusetzen. Man setzt auf das Bewährte, selbst wenn es als falsch erkannt würde. Das einzig Gute – das war’s dann aber auch schon – ist, dass uns RRG erspart bleibt. Hinzufügen muss man allerdings auch, dass damit lediglich der schlichteste Teil des Coronamassnahmenregimes wegfällt, nämlich die PdL, die in ihrem hysterischen Einpeitschertum besonders negativ Wähler abschreckte. Alle anderen sind relativ stark in ihrer Schwäche, der eine mit Blessuren, der andere scheinbar ohne. Berlins Unfähigkeit, ordentliche Wahlen zu organisieren, geht einher mit einem erschreckenden und geradezu grotesken Realitätsverlust, weil man jetzt die Klimarevolution ausruft. Sie besteht aus massiven Steuererhöhungen für Millionen und weiteren Demokratieeinschränkungen.

Ein Land, indem die öffentliche Verwaltung nicht mehr funktioniert, will ein ‚Klimakabinett‘ – und weitere Eingriffe in die persönliche Freiheit. Und eine überwältigende Mehrheit der Deutschen unterstützt das – doch halt: liege ich mit dieser These überhaupt so richtig?

Denn bedenken wir: die zuvor gehypten Grünen mussten selbst von Big Media auf einmal fallengelassen werden, weil ihre Young – Global – Leader – Protagonistin auf einmal für alle deutlich erkennbar Unfug verbreitete. Als ein Sprecher des Ostausschusses der Deutschen Industrie ihre ‚Putin ist schuld an den hohen Gaspreisen‘ – Nummer als zu dünn entlarvte, war sie schon nicht mehr die Präferenz der Staats- und Konzernmedien. Da war längst Scholz angelangt, der in punkto North Stream II sicher eine realpolitische Position vertreten dürfte.

Dennoch dürfte an den Grünen kein Weg vorbeiführen, was für die Demokratie und die persönlichen Freiheiten Schlimmes befürchten lässt. Aber immerhin: ihr Hype verflog und die Deutschen wendeten sich Scholz zu, dessen sozialpolitische und andere Missetaten dem großen Gedächtnisschwund zum Opfer fielen. Die Deutschen mögen auch keine kanzlerstellenden Parteien, deren heißester Wunsch der Marsch auf Moskau ist. Damit haben die deutschen Wählerinnen und Wähler immerhin 2 finstere Parteien auf die Plätze verwiesen, während aber die PdL ein parlamentarisches Gnadenbrot genießen darf, indem die verbliebenen Protagonisten das Privileg haben, sich fürstlich entlohnt weiter zu zerfleischen, dürfen die Grünen immerhin das Klimakabinett mit bestücken, was für Steuerzahler und Freunde der Grundrechte verstörende Entwicklungen bewirken kann.

Was dann aber übrigbleibt, ist schlimm genug.

Diese Parteien in welcher Konstellation auch immer, werden ihre Wählerinnen und Wähler streng bestrafen. Im Namen Coronas, im Namen des Klimas. Meine schwache Hoffnung auf Streit in der künftigen Regierung ist geschwunden. Merkel macht vorerst sicher weiter. Zur Not ist Scholz der neue Merkel. Ich gebe auch zu: meine schwache Hoffnung auf einen Kanzler Laschet, der nach einer Anweisung aus Davos noch seine rheinischen Kapitalisten fragen muss, ist verdampft. Mit Scholz regiert Davos durch.

Dennoch – trotz scheinbar hoher Zustimmung zu den Coronaparteien ist unverkennbar ihre größte Schwäche, dass sie keine positiven Ziele mehr haben, keinerlei Ausstrahlung, auch wenn die – vor allem ÖR-Medien – alles tun, um diesen Protagonisten der Angst, der Hysterie und eines vermeintlichen Endes der Geschichte – nach Corona kann und darf nur der nächste Horror kommen – eine Art Glanz und Gloria zu verleihen.

Die SPD wird das tun, was sie immer tat, die Menschen hintergehen und sie weiter sozial strangulieren. Die Grünen werden ihnen zur Seite stehen und sie weiter dazu treiben.

Bleiben CDU/CSU und FDP.

Dass ich mal als Sozialist – nunmehr in der dieBasis organisiert – eine, wenn auch schwache Hoffnung hegte, dass die beiden die bestimmende Kraft in einer Berliner Regierung sein sollten, ist schon furchtbar genug. Das liegt an der Ausnahmesituation in Deutschland angesichts der Coronamaßnahmen. Während in anderen Ländern zum Teil durch Massenproteste erzwungen ein Ausstieg erkämpft wird oder dortige Eliten ihren gesunden Menschenverstand nutzen und ebenfalls aus der Nummer raus wollen, selbst in Österreich nutzen die Bürger die Wahlen zum Denkzettel für Kurz, muss man als Linker in Deutschland seine Hoffnung auf die setzen, bei denen immerhin konkurrenzgetriebene Kapitalinteressen noch auf Grundrechte Wert legen, wo doch die PdL z.B. sich als treueste Vollstrecker des Merkelianismus versteht. Diese Hoffnung ist zwar dem Grunde nach vergebens, aber im Detail eben doch nicht. Denn die FDP – obwohl opportunistisch bis ins Mark, ist nicht fanatisch. Das ist in einem Land, indem der Fanatismus immer schlimmste Folgen hatte, viel wert. Und die CDU, deren vielgeschmähter Kanzlerkandidat Laschet alleine durch die Stützung auf Streeck zu erkennen gab, dass er nicht der Zero-Covid-Logik wie die PdL oder die Grünen zu folgen bereit war, vertritt auch viele treue Wählerschichten, die er nicht durch weitere Strangulierungen ihrer Einkommen berauben will – dafür musste er von den hysterischen Medien Prügel einstecken, weil er eben nicht stramm auf Linie war. Es gibt für mich keinen Zweifel daran, dass Laschet heruntergeschrieben wurde, nicht weil er gerne lacht oder weil er angeblich irgend ein falsches Verhalten zeigte, sondern weil er sich selbst als Vertreter des ‚rheinischen Kapitalismus‘ sieht. Für die Davos-Clique ist Laschet nicht direkt verwendbar. Scholz sehr wohl.

Man mag das für wenig substantiell halten, weil die alle mehr oder weniger ‚einer Meinung‘ sind und es auf die wenigen Differenzen nicht ankomme. Ich sehe das nicht so. Vielmehr glaube ich, dass es darauf ankommt, jeden Haarriss in dieser ‚Allparteienkoalition‘ zu nutzen und dort anzusetzen, wo es Risse gibt, wo sie sich streiten und sich nicht einig sind.

Möglicherweise muss Laschet oder wer auch immer für die NRW-Wahlen Rücksicht nehmen und will und kann nicht durchmarschieren. Daran gilt es anzusetzen und sich auf die relevanten Fragen zu konzentrieren.

 

Und jetzt zur dieBasis.

Haben wir uns mehr erhofft? Sicher. Ich habe mir eine 3 vor dem Komma gewünscht. Dafür wurde ich – freundschaftlich, wie es sich in unserer Partei geziemt – gerügt. Jetzt sind es 1,4% geworden. In BaWü liegen wir bei annähernd 2%, in NRW bei 1%. Wie kam diese Diskrepanz zwischen Wunsch und Ergebnis zustande?

Schauen wir uns die Anfänge der Bürgerbewegung an, als wir in Berlin viele Hunderttausende waren. Angesichts der Prügel durch den Senat, aber auch des Widerstandes, der millionenfachen Aufklärung durch freie Medien, der Bildung dieser Kraft der dieBasis in einem gewaltigen Kraftakt durch nunmehr über 30.000 (!) Mitglieder, um die organisatorischen Voraussetzungen für eine Wahlteilnahme zu schaffen, der zahlreichen Aktivitäten der Anwälte für Aufklärung, um hier nur eines der zahllosen Beispiele zu nennen, da sollte es doch möglich sein, auf einen Schlag in den Bundestag einzuziehen, auf einen Streich mindestens 10% zu erzielen, wenn nicht gleich 20%? Ja, sollte es vielleicht. Jedenfalls in unserer Wahrnehmung.

Aber die Wahrnehmung unserer Partei muss in einem 80 – Millionen – Volk stattfinden und da leistete Big Media ganze Arbeit. Denn sie lernten aus der ‚Roten-Socken-Kampagne‘, mit der sie damals die noch oppositionelle PDS, später dann PdL ausschalten wollten. Sie erreichten das Gegenteil und die Rote Socke wurde zum erfolgreichen Kennzeichen der Linken. Diesen Fehler wiederholte man nicht. Sie schwiegen uns tot. Hätten sie wie in einer Demokratie üblich dieBasis überall sachlich erwähnt, ja selbst beschimpft und angezählt – es wären 3% + x geworden. Vielleicht mehr. Aber so war es eben nicht. Und so mussten wir – wie das Umfrageinstitut INSA uns informierte – mit dem Umstand fertig werden, dass uns mehr als 40% der Wähler noch nicht kannten. Und wir wurden ja erst im Wahlkampf überhaupt bekannter. Und dieser Wahlkampf lief mit angezogener Handbremse, ohne Podien z.B., in denen man sich mit der Coronistischen Einheitspartei Deutschlands hätte messen können. Denn nur im Streit und im Diskurs kann es Fortschritt geben.

Und so taten wir das, was wir taten: wir gründeten manchmal erst vor wenigen Monaten die Kreisverbände, luden ein, traten auf, wurden mehr. Die ersten Kreisversammlungen fanden statt, dann wurden es mehr, jetzt platzen wir aus allen Nähten. Wo hat es in der jüngeren Geschichte unseres Landes so etwas gegeben? Eine Partei, die sich aus dem Nichts gründet, die nach 1,5 Jahren 30.000 Mitglieder hat, die weiter zulegt und die ein weites Spektrum in sich birgt, die von progressiv, liberal bis wertekonservativ politisch reicht? Es gibt natürlich keine Garantie, dass diese Entwicklung weiter anhält, aber das liegt alleine bei uns.

 

Was muss geschehen, dass es so bleibt?

1. Die Einheit der Partei muss gewahrt bleiben. Es ist eine Einheit in der Vielfalt. Das ist schwierig. Denn eine Partei, die ehemals ‚Unpolitische‘, Unorganisierte, ehemalige CDU-, FDP-, Grüne und Linke-Mitglieder in ihren Reihen weiß, muss eine Bandbreite und einen Pluralismus akzeptieren, der eher unüblich ist. Es ist vielleicht die Herausforderung. Deshalb plädiere ich für einen Korridor, der darauf verzichtet, für jede Position, für jeden Programmpunkt eine oder eine einheitliche Position zu finden und die Mehrheit eine Minderheit in einer Abstimmung schlägt. Dazu ist unser Vorgehen mittels Konsensierung hervorragend geeignet. Wir sollten uns daran gewöhnen, dass wir einen Pluralismus akzeptieren, der wie in unserem Rahmenprogramm bereits angelegt, verschiedene Thesen mit der Höhe der Akzeptanz ‚beziffert‘, diese aber auch u.U. nebeneinander gelten lassen kann.

2. Wir sind eine pluralistische Partei einer breiten Bürgerbewegung. Bei uns organisieren sich Arbeiter, Angestellte, Selbständige, Unternehmer. Das kann zu Interessenkonflikten führen. Wenn wir aber ohne Scheuklappen darüber reden, ist das unproblematisch. Ich würde deshalb dafür plädieren, auch zum Teil gegensätzliche ökonomische und politische Interessen zu akzeptieren. Aber wir sind als Partei einig gegen die globalistische Klasse der Superreichen, der Milliardäre – Big Tech  Co. –  die mit ihrem maßlosen Anspruch auf eine totalitäre globale Ordnung den Rest der Gesellschaften unter ihre Knute zwingen will. Dagegen stehen wir gemeinsam auf, Arbeiter, Angestellte, Selbständige, Unternehmer. Diese Klasse der Globalisten wollen wir entmachten. Und wir diskutieren über das Wie, solidarisch und ohne Denkverbote.

3. Um weitere gesellschaftliche Wirkungsmacht zu erzielen, müssen wir ähnlich wie die Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik, unsere Zivilgesellschaft organisieren. Und das tun, was der Staat nicht will und kann. Und das sicher für einige von uns enttäuschende Ergebnis als realistischen Ausgangspunkt für den Marathonlauf sehen, der gerade begonnen hat. Drehen wir das? Aber sicher. Aber es dauert. Die Entwicklung verläuft nicht linear, sondern dynamisch, in Sprüngen. Vor diese Sprünge hat der liebe Gott den Aufbau der (politischen) Muskulatur gesetzt. Diese besteht für uns als Partei von Angestellten, Arbeitern, Selbstständigen, Unternehmern in einem soziokulturellen Umfeld, dass wir uns selbst aufbauen müssen. Organisieren wir uns: Ob beim Lernen, beim Einkaufen, in der Selbsthilfe, in Rechtsgeschäften, in Unternehmen!

Das ist die unabdingbare Voraussetzung für unser weiteres politisches Wachstum.